Toni/Mensa/2016 Einradphysik
Die Physik des Einradfahrens
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Physik des Fahrradfahrens
Physik des Einradfahrens
Praxis des Erlernens
Um es kurz zu machen: Es geht langsam und erfordert ein gerüttetes Maß an Frustrationstoleranz.. - jedenfalls bei mir, es mag Naturtalente geben und natürlich tun sich Kinder ganz offenkundig signifikant leichter...
Ich habe im ersten Jahr - noch ohne konkreten, festen Lernwillen - einige (dutzend) Male zwischen zwei (wie Reckstangen) aufgelegten Balken versucht stehend das Gleichgewicht zu halten -> keine sichtbaren Fortschritte und nicht auf freies Fahren zu übertragen (in den Lernanleitungen im Internet stand "versuchen sie an einer Wand entlang zu fahren...")
Dann nach dem gefassten Entschluß, es jetzt WIRKLICH zu lernen bin ich regelmässig einmal pro Woche zwei Stunden in einer Turnhalle gewesen und hatte hier die Unterstützung und Feedback der Clubmitglieder. Hier bin ich stundenlang entlang-"gefahren", d.h. ich habe mich zunächst bloß von Segment zu Segment der Wand weiterbewegt, dann zuerst ein Segment übersprungen, dann irgendwann mehr... Und ich in in einem schmalen Gang, in dem man sich mit den Händen gleichzeitig an beiden Seiten abstützen kann, gefahren - zunächst nur Bruchteile einer Radumdrehung, dann mal zwei oder drei Meter, dann fünf, dann irgendwann den ganzen Gang entlang...
So habe ich das erste halbe Jahr tatsächliches, zielgerichtetes Training absolviert, also etwa 20 zweistündige Sessions, jeweils sicher 100 bis 200 Versuche..
In diesem Stadium konnte ich zwar einige dutzend Meter frei fahrend zurücklegen, aber nicht ohne Hilfe - also ohne sich an einer Stange oder ähnlichem anzuhalten - aufsteigen und losfahren. Ausserdem war die Fahrt höchst sensibel auf auch nur geringste Störungen der Glattheit der Fahrbahnoberfläche (ich konnte also ausschliesslich auf völlig ebenen Strassen fahren, auch minimalste Rillen, Höhenstufen etc haben meine Fahrt sofort zwangsbeendet.. Interessanterweise galt das auch für rein virtuelle Änderungen des Asphalts, z.b eine ausgebesserte Stelle in gleicher Höhe, ohne Stufe, aber mit anderer Farbe - der Kopf sagt sofort "Vorsicht ! Da ist was !!" und steigt ab... Weiters führt jede Ablenkung, jedes überholende oder entgegenkommende Fahrrad zu einer Notbremsung des Kopfs: "es könnte zu eng werden", "der fährt so nah vorbei" etc
In dieser Konstitution habe ich meine ersten selbstgesetzten Milestone absolviert: Ich habe das Einrad zu einem Festival mitgenommen, um dort sozusagen ausserhalb der "geschützten Umgebung" des eigenen Hinterhofs "öffentlich" zu fahren. Konkret das "Rock im Park" 2014 in Nürnberg, vor mir ausgewählt weil dort auf Asphaltparkplätzen geparkt wird - damals ein Killerkriterium fürs Einradfahren für mich... Mehr als ein paar Runden am Parkplatz habe ich damals nicht hinbekommen, aber ich HABE es ... :-)
Wir hatten das Rad in diesem Jahr dann noch im Caravan-Urlaub mit und ich bin am Campingplatz in Malmö noch einige Runden gefahren, aber auf demselben deutlich eingeschränkten Level.
Im Winter wurde wieder einmal wöchentlich jeweils zwei Stunden in der Turnhalle trainiert, aber erst das nächste Frühjahr brachte einen wichtigen Fortschritt: Die Fähigkeit, ohne sich anzuhalten "frei" aufzusteigen ! Ich kann nicht sagen, wann genau sich diese Fähigkeit entwickelt hat - "plötzlich" hat es funktioniert ! Anfangs noch nur bei jedem 10. Versuch, dann langsam häufiger, bald jeder dritte Versuch, irgendwann "fliessend" und der mißglückte Versuch wird zur Ausnahme... - wie gesagt, eine hohe Frustationstoleranz ist Grundvoraussetzung...
Auf diesem Level habe ich meinen zweiten Milestone absolviert: Wieder nach Nürnberg zum Rock im Park 2015, aber diesmal den Parkplatz verlassen und frei um das ganze Gelände gefahren - über die "Grosse Strasse" wo zehntausende Festivalgäste feiern und um das Kolloseum herum und um die sog. "Dutzendteiche" wieder zurück zum Parkplatz. Aus heutiger Sicht "nur" 3,5 km mit etlichen Abstiegen und Pausen, aber GESCHAFFT (und das Ganze bei knackigen 36° ! ...)
In diesem Jahr habe ich auch versucht am Nova Rock mit dem Einrad am Campingplatz Runden zu drehen, bin aber nicht weit gekommen, da wie erwähnt noch "brettl-ebene" Strassen Voraussetzung waren und der zwar festgetretene, aber dennoch mit Grasnaben übersehene Platz dort die Voraussetzungen nicht erfüllte..
Damit war die Zeit für die nächste Evolutionsstufe gekommen: ich mußte mich aus der Ebene hinausbegeben und auch Steigungen und "unebene" Wege bewältigen - immerhin fahre ich ja ein "Mountain Unicycle"... Ich nahm nun also an Ausfahrten des Clubs in den Hügeln rund um Eisenstadt teil - anfangs völlig ungläubig: "DA soll man fahren können ?? Das ist ja SOO steil !!"
Die neuen Ziele für 2016 waren gesetzt: eine Langstreckentour und ein formales Bergrennen sollten es werden ! im Dezember 2015 habe ich mit intensivem Training dafür begonnen, was bedeutet, dass ich fast jeden zweiten Tag Einrad gefahren bin - abwechselnd Hügel und Distanz - und an den anderen Tagen im Fitness-studio Krafttraining betrieben habe. So habe ich von Dezember 2015 bis Apri 2016 knapp über 500 km auf dem Einrad zurückgelegt in Vorbereitung auf die beiden Ereignisse..
Die Langstreckentour fand am 19.3.2016 statt, die "One Wheel Dragons" fuhren mit knapp über einem dutzend Teilnehmer (mich eingeschlossen) per Zug nach Kittsee und von dort über die Radroute "R1" nach Eisenstadt zurück. Distanz 65 km, alles sehr flach, wunderbar asphaltiert und ausgeschildert, speziell im Teil zwischen Neusiedl/See und Eisenstadt eine sehr schöne Radstrecke. Diese Tour war zwar sehr fordernd für das Gesäß, war aber konditionell für mich sehr gut bewältigbar - wesentlich besser als erwartet. Der nächste Milestone war erreicht !!
Dann die grösste Herausforderung des Jahres, speziell für einen "Einsteiger": am 24.4.2016 Teilnahme am Riegersburglauf - 15 km von Fürstenfeld zur Riegersburg, 370 Höhenmeter, 70% der Strecke über Waldwege, 30% Asphalt ! Für mich war das der erste formelle Renn-Bewerb seit Schulveranstaltungen vor Jahrzehnten - so richtig mit Nenngeld, Starte-Liste, Gruppeneinteilungen, Startnummern und Zeitnehmung mit Chip.. ! Da es am Tag vorher geregnet hatte und grosse Teile der Strecke wirklich über Waldwege und Felder gehen (wir hatten zwei Wochen vor dem Bewerb einen Testlauf dort gemacht um die Strecke kennenzulernen), hatte ich allergrösste Befürchtungen bei der Fahrt im Morast zu versinken, was zumindest für mich jegliche Chance auf ein Durchkommen vernichtet hätte. Aber zum Glück war der Regen nicht so stark wie prognostiziert und die Wege waren relativ fest und trocken - ich bin durchgekommen und habe dabei eine gar nicht so schlechte Zeit hingelegt wie (als Anfünger und Einsteiger) vorhergesehen: 1:37 haben mich in meiner Starterklasse zum 28. von 29 gemacht - zum Vergleich: der Schnellste war in 42 Minuten im Ziel, ein Zehnjähriger war in 1:01 da - das ist aber eine andere Liga, ich glaube die beginnen schon im Kinderwagen mit dem Training...
Damit sind meine Ziele für 2017 so gesteckt, dass ich den Riegersburglauf in einer etwas besseren Zeit absolvieren möchte, vor allem aber FAHREND durch die Zielline kommen möchte (das Ziel befindet sich leider in einer Steigung...)
Club
Literatur
http://www.phys.lsu.edu/faculty/gonzalez/Teaching/Phys7221/vol59no9p51_56.pdf
Autor
Ing. Toni Harrauer
T.Harrauer@ProjectD.at
http://about.me/Toni.Harrauer
http://facebook.com/Toni.Harrauer