Toni/Mensa/20140821 Atominstitut
Führung durch den Forschungsreaktor Wien
Am 21. August dieses Jahres ergab sich für mich auf Einladung von Gwendolin Korinek (für die ich mich sehr bedanke!) die Möglichkeit, an einer Führung durch das Atominstitut der Unversität Wien im Wiener Prater teilzunehmen. Es fand sich eine Gruppe von insgesamt 10 Personen ein, welche nach Einhebung eines sehr moderaten Unkostenbeitrags von nur €4,- durch einen Studenten der Uni Wien begrüsst und eingewiesen wurde..
Für mich persönlich hatte diese Führung eine mehrfache Bedeutung: Abgesehen von der Möglichkeit, andere "Mensianer" persönlich zu treffen und vom eigentlichen Inhalt dieser Führung stellte dieser Besuch des Atominstituts im Prater für mich auch eine "Zeitreise" in die Vergangenheit dar, da ich vor einem viertel Jahrhundert in meiner damaligen Tätigkeit als Servicetechniker für nukleartechnische Messgeräte dort zwar nicht direkt "ein und aus" ging, aber doch des öfteren dort meine Servicetätigkeiten hatte. So war ich sehr gespannt, was sich in dieser Zeit verändert hat und was wiederzuerkennen war ... :-)
Der Kernreaktor, der im Atominstitut steht, ist ein reiner Forschungsreaktor, bei dem die Energieerzeugung nicht im Vordergrund steht, daher sind hier viele Aggregate und Sicherheitseinrichtungen, die bei kommerziellen Reaktoren wichtig und notwendig sind, hier nicht vorhanden. Der Reaktor hat eine Leistung von 250kW, das entspricht der Leistung eines heutigen kleinen Sportwagens. Daher sind keine auswändigen Kühlanlagen notwendig, diese Leistung "heizt" einfach den Raum auf...
Der Reaktor ist ein Model "von der Stange" aus den USA, welcher in dieser Form vieldutzendfach auf der Welt in verschiedenen Universitäten aufgebaut wurde - unserer wurde Anfang der 1960er Jahre aufgebaut und 1962 in Betrieb genommen. Das Brennmaterial wurde vom Hersteller "geleast" und nach Ende seiner Lebensdauer von 50 Jahren (!) im Jahr 2012 ausgetauscht.
Der Hauptzweck dieses Reaktors ist also nicht die (Wärme-)Energie-erzeugung, sondern der fungiert als Stahlungsquelle für verschiedene Experimente, bei denen mit den vom Reaktorkern abgegebenen Neutronenstrahlen gearbeitet wird. Ausserdem können Proben in den Reaktor einführt werden und damit verschiedenen Materialversuche durchgeführt werden.
Die entstehende Strahlung wird durch die etwa 5 Meter Wassersäule über den aktiven Brennstäben so stark abgeschirmt, dass man bei der Besichtigung gefahrlos (für eine begrenzte Zeit) über dem Reaktor stehen und beobachten kann.
Bei abgeschaltenen Raumlicht kann man das beeindruckende blaue Glühen der Tschernkov-Strahlung im Kern beobachten, die entsteht, wenn die bei der Uranspaltung in den Brennstäben ausgesendeten Teilchen (Neutronen) die Lichtgeschwindigkeit im Wasser (die deutlich niedriger ist als die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, die nie überschritten werden kann) überschreiten !
http://de.wikipedia.org/wiki/Tscherenkow-Strahlung
So wie in kommerziellen, auf die Energieerzeugung ausgelegten Kernreaktoren wird auch beim Forschungsreaktor das Uran-Isotop U-235 durch Beschluß mit einem Neutron passender Energie (das kann man sich als "Geschwindigkeit des Teilchens" vorstellen) in zwei Teile gespalten - dabei entstehen als Spaltprodukte neue, leichtere Elemente wie hier Barium und Krypton - , wobei auch neue Neutronen ausgesendet werden und als "Abfall" (Wärme-)Energie entsteht. Unter den richtigen Bedingungen spalten die hier ausgesendeten Neutronen neue Uran-Kerne, wodurch der Prozess, einmal angestartet, sich selbst am Laufen erhält.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kernspaltung
Bei Kernreaktoren wie diesem Forschungsreaktor oder Reaktoren zur Energiegewinnung ist dieser Prozess so angelegt, dass er von sich aus "sicher" ist, also sich die Neutronen nicht überproportional vermehren. Nur bei der immer wieder damit verglichenen Atombombe ist das Design von Grund auf so ausgelegt, dass sich die Spaltung unkontrolliert ausbreitet und damit soviel Energie wie möglich in kürzester Zeit erzeugt - der Kernreaktor ist (zumindest in Hinblick auf die Energieproduktion - der strahlende Müll ist eine ganz andere Geschichte - vom Prinzip her selbstregulierend und "bremsend" ausgelegt.
Man sieht den Geräten im Forschungsreaktor ihr Alter deutlich an, hier ist eben noch großteils Technik aus den 1960er-Jahren im Einsatz...
Am Ende der 1 1/2 Stündigen Führung zeigte das Dosimeter, dass wir aus Sicherheitsgründen mitführen mußten, einen Wert von 2 µS (Mikrosievert) an - das sind 2 Promille der erlaubten Jahresdosis. Wenn man also keiner andere Exposition (Röntgen, CT, Flugreisen, Aufenthalt in Bergstollen mit uranhaltigem Gestein etc) ausgesetzt ist, könnte man diese Führung zweimal täglich besuchen - jedenfalls von der Strahlenbelastung her...
Nach dieser hochinteresannten Führung mit Einblick in Orte, die man wohl nur sehr selten bis gar nicht zu Gesicht bekommt (wenn man nicht wie ich eine berufliche Historie in diesem Feld hat) liessen wir den Tag noch mit einem gemeinsamen Kinobesuch ausklingen.
Ich bedanke mich nochmals ganz herzlich für die Möglichkeit, an diesem hochinteressanten Event teilnehmen zu können !
Ing. Toni Harrauer
T.Harrauer@ProjectD.at
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